Vorraussetzungen einer Verwertungskündigung

Vorraussetzungen einer Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) – Newsletter Juli 2012

Entscheidung des Bundesgerichtshofes:

Zu den Voraussetzungen einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB 

Liebe Mitglieder,

in der nachfolgend dargestellten aktuellen Entscheidung musste sich der BGH mit den Voraussetzungen der Verwertungskündigung des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB befassen.

Die ordentliche Kündigungsvorschrift § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB lautet:

(1)Der Vermieter kann nur dann kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2)Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

(3)der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach der Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

In dem vom BGH entschiedenen Fall bewohnt der Mieter seit 1995 eine Wohnung in einer Siedlung, die ursprünglich aus zahlreichen Wohneinheiten bestand, und die der Vermieter 1996 erwarb. Der Vermieter beabsichtigt, die in den 1930er Jahren in einfacher Bauweise errichtete Siedlung abzureißen und an deren Stelle moderne, öffentlich geförderte Neubaumietwohnungen zu errichten. Mit Ausnahme des Wohnblocks des Mieters hat der Vermieter sein Vorhaben ganz überwiegend bereits umgesetzt. Nur der Wohnblock, in dem sich die Wohnung des Mieters sowie acht weitere, bereits leer stehende Wohnungen befinden, ist bislang nicht abgerissen worden. Der Vermieter kündigt nun dem Mieter gemäß der vorstehend dargestellten Vorschrift und beruft sich insbesondere auf gebäudetechnische Mängel der Siedlung.

Der BGH gab der Kündigung des Vermieters Recht und entschied mit Urteil vom 09. Februar 2011, Az.: VIII ZR 155/10, dass die vom Vermieter geplanten Baumaßnahmen eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB darstellt.

Hierzu führte der BGH aus, dass der noch vorhandene Wohnblock sich in einem schlechten Bauzustand befindet und in mehrfacher Hinsicht nicht mehr den heutigen Wohnvorstellungen entspricht, während mit dem geplanten Neubau moderne bedarfsgerechte Mietwohnungen erstellt werden können. Zudem würde durch bloße Sanierungsmaßnahmen der alten Bausubstanz unter Erhalt der Wohnung des Mieters kein den heutigen Wohnbedürfnissen entsprechender baulicher Zustand erreicht werden können.

Mit der vorliegenden Entscheidung, die zum Nachteil des Mieters ausfiel, hat der BGH die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung weiter konkretisiert und dem Bestandsinteresse des Mieters das Wiedererlangungsinteresse des Vermieters für den Fall untergeordnet, wenn die Wohnung insbesondere trotz möglicher Sanierung nicht mehr heutigen Wohnbedürfnissen gerecht wird. Die Beratungspraxis zeigt allerdings, dass Verwertungskündigungen des Vermieters schwer durchsetzbar sind. Sollten Sie, verehrte Mitglieder, hierzu Fragen haben, steht Ihnen Ihr Berater bei Ihren Mieterschutzverein, dem Interessenverband Mieterschutz e.V., gern zur Verfügung. Sprechen Sie uns an.

Interessenverband Mieterschutz e.V.

WICHTIGER HINWEIS:

Es versteht sich, dass der in diesen Texten zur Verfügung gestellte Inhalt lediglich eine „Richtschnur“ darstellen kann und niemals eine individuelle Beratung ersetzt. Obgleich wir sorgfältig die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen prüfen, ist nicht ausgeschlossen, dass sich in dem einen oder anderen Punkt die Rechtsprechung seit Abfassung des Textes geändert hat. Daher eigene Aktionen niemals ohne weitere fachkundige Beratung unter Berücksichtigung der eigenen vertraglichen Position! Der Rechtsunkundige darf sich weder auf die hier veröffentlichten Texte, noch auf Zeitungsartikel etc. verlassen. Genausowenig, wie man eine nicht unkomplizierte Krankheit selbst behandeln sollte, sollte man „Anwalt in eigener Sache“ spielen.

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