Eine Kündigung wegen Eigenbedarf des Vermieters

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters – Mieterbrief April 2016

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters setzt voraus, dass eine andere freie Wohnung rechtzeitig angeboten wird

Der Sachverhalt

Die Vermieter haben den Mietern unter Berufung auf Eigenbedarf gekündigt, ohne den Mietern eine
im selben Haus frei stehende Wohnung anzubieten. Die Mieter zogen nicht aus, die Vermieter
klagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Erst während des laufenden Rechtsstreites
boten die Vermieter die Alternativwohnung dann doch an, was die Mieter dann abgelehnt haben.
Das Amtsgericht hat die Klage der Vermieter wegen Verletzung der sog. Anbietpflicht abgewiesen.
Es ging in die zweite Runde beim Landgericht.

Das Urteil

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 16.04.2015 auch die Berufung der Vermieter
abgewiesen. Die Richter urteilten, dass die Verletzung der sog. Anbietpflicht rechtsmissbräuchlich
ist und die Kündigung dadurch unwirksam wird. Rechtsmissbrauch liegt dann vor, wenn dem
Vermieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Anwesen oder in derselben Wohnlage zur
Verfügung steht und er diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er die Alternativwohnung erneut
vermieten will. Die Mieter können die angebotene Wohnung innerhalb der Kündigungsfrist ihres
bestehenden Mietvertrages annehmen. Die Mieter verhalten sich nur dann treuwidrig, wenn sie zu
keinem Zeitpunkt Interesse an der Alternativwohnung hatten.

Hinweis für die Praxis

Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass es sich immer lohnt, die Begründung der Kündigung
genau zu überprüfen. Jede Eigenbedarfskündigung muss nach der Rechtsprechung folgende
Voraussetzungen erfüllen:

  • Ernsthafte Nutzungsabsicht des Vermieters
  • der Nutzungswille muss von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen sein
  • der Bedarf des Vermieters muss durch die gekündigte Wohnung gedeckt sein
  • der Bedarf darf nicht durch eine andere frei stehende oder frei werdende Wohnung gedeckt werden können
  • Der Wohnbedarf darf nicht weit überhöht sein

Hier scheiterte die Kündigung auf der vierten Ebene. Die sog. Anbietpflicht ist immer dann
gegeben, wenn die gekündigte Wohnung für die Zwecke des Vermieters besser geeignet ist als die
freistehende Alternativwohnung. Dann stellt sich die Frage, ob der Vermieter diese freie Wohnung
anbieten muss. Mieter könnten diese Anbietpflicht sogar ihrerseits einklagen, dies aber nur solange
die Kündigungsfrist ihres ursprünglichen Mietvertrages andauert.

WICHTIGER HINWEIS:

Es versteht sich, dass der in diesen Texten zur Verfügung gestellte Inhalt lediglich eine „Richtschnur“ darstellen kann und niemals eine individuelle Beratung ersetzt. Obgleich wir sorgfältig die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen prüfen, ist nicht ausgeschlossen, dass sich in dem einen oder anderen Punkt die Rechtsprechung seit Abfassung des Textes geändert hat. Daher eigene Aktionen niemals ohne weitere fachkundige Beratung unter Berücksichtigung der eigenen vertraglichen Position! Der Rechtsunkundige darf sich weder auf die hier veröffentlichten Texte, noch auf Zeitungsartikel etc. verlassen. Genausowenig, wie man eine nicht unkomplizierte Krankheit selbst behandeln sollte, sollte man „Anwalt in eigener Sache“ spielen.

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